„The Collective Old Oak“ repräsentiert ein Co-Living und Co-Working Konzept und unsere Unterkunft für diesen Monat in London. Konkret bedeutet dies im gleichen Gebäude leben und arbeiten zu können. Aber das Collective geht sogar noch einen Schritt weiter und bildet nahezu alle Serviceleistungen des täglichen Bedarfes ab, sodass man das Collective eigentlich gar nicht verlassen müsste. Diese Art des Arbeitens und Lebens findet man bisher noch nicht an vielen Orten auf der Welt. Dank Remote Year habe ich nun die Möglichkeit dieses Konzept direkt zu testen. Eröffnet hat das Collective Old Oak erst im Mai diesen Jahres.

Der derzeit größte Co-Living Space auf der Welt.

Das Collective Old Oak kann rund 550 Personen beherbergen und befindet sich in Zone 2 im Nordwesten von London direkt an einem Kanal. Zielgruppe sind in erster Linie Young Professionals im Alter von 20 – 35. Aber jeder jeden Alters ist willkommen. Im Laufe des Monats habe ich immer öfter Familien und kleine Kinder im Gebäude gesehen. Gut möglich, dass sie nur Besucher waren, aber zumindest ist das Interesse am Konzept sehr groß. Die Mieten starten ab rund 240Euro aufwärts pro Woche, je nach Apartmentgröße. Die Kosten decken alles, außer die Benutzung der Waschmaschinen und das Restaurant. Gereinigt wird zweimal im Monat.

Nachdem ich einen Monat hier gelebt habe, kann ich sagen, dass mich das Collective an ein Kreuzfahrtschiff erinnert – Außenkabine mit Fenster. Die meisten Apartments bestehen aus zwei Schlafzimmern (sogenannte „twodios“) und einem kleinen Koch-/Sitzbereich. In beiden Zimmern gibt es jeweils ein Bad. Was sich erst einmal luxuriös anhört, ist in Wirklichkeit wirklich – wirklich – klein, aber ausreichend.

Besucher sind willkommen, denn das Collective positioniert sich ganz klar als ein „Zuhause“, in welchem man für gewöhnlich auch Besucher empfängt.  Aus Erfahrung kann ich sagen, dass das auch platztechnisch möglich ist, man darf nur nicht den Anspruch haben, ohne Balanceakt im Zimmer aneinander vorbei gehen zu können. Zusätzlich gibt es täglich die Möglichkeit an einem Event, Workshop, Kinoabend oder Community Networking etc. teilzunehmen. Im Restaurant wird regelmäßig Life-Musik gespielt.

Die Größe der Zimmer wird durch die Ausstattung des Gebäudes wieder wett gemacht.

Es  gibt eine gigantische Dachterrasse im zweiten Stock, eine Terrasse beim Restaurant im Gebäude, geräumige Gemeinschaftsküchen auf jedem Stockwerk und dazu angrenzende Themenräume. Was das Collective zu einem Wohlfühlort für mich macht, ist die Gestaltung und Einrichtung der Gemeinschaftsräume auf den 11 Stockwerken, in welchen – wie auch in den Zimmern – selbstverständlich stärkstes WIFI zur Verfügung steht. Bilder sprechen in diesem Fall mehr als Worte:

Wäscheraum

Spa

Secret Garden

Bücherei

Kino

Games Room

English Pub

French Bistro

Tea Room

Gemeinschaftsküchen auf jedem Stockwerk

Leider sind das Fitnessstudio und der Coworking Space derzeit noch nicht fertiggestellt und öffnen erst, wenn wir bereits abgereist sind. Dem Co-Working hat dies aber keinen Abbruch getan, denn alle Gemeinschaftsräume sowie die Lobby oder auch das Restaurant und die Terrasse sind gleichzusetzen mit individuellen Co-Working Spaces.

Eine Community – man sieht sich, man kennt sich.

Alle 75 Remote Year Teilnehmer wohnen somit in einem Gebäude und man läuft sich ständig über den Weg. Außerhalb der Community habe ich zudem bereits die einen oder anderen interessanten Bewohner kennen gelernt. Sie reichen vom Starfrisör über den Bauarbeiter bis hin zum Sport-App-Entwickler. Oder auch der Betreiber des Collective. Einst mit technischem Studium einen mehrmonatigen Einsatz bei Porsche in Stuttgart absolviert, hat er nach einem Urlaub in Miami einfach sein Rückflugticket nicht verwendet. Nach ein paar Jahren dort kam dann das Angebot von „The Collective“. Er arbeitet Tag und Nacht und kennt uns gefühlt alle beim Zweitnamen. Dass man sich untereinander – wenn auch teilweise nur vom Sehen her – kennt und ständig sieht, gibt ein Gefühl von „zuhause“.

Warum wir aus meiner Sicht mehr solcher Co-Working/Co-Living Spaces benötigen?

Ganz einfach weil sich die Vorstellungen von Wohnen und Arbeiten geändert haben. Viele Angehörige der Generation Y möchten örtlich flexibel sein und sich nicht dauerhaft an einen Ort binden. Zudem haben immer mehr dem Materialismus den Rücken gekehrt. Eine grundlegende Sichtweise die sich in den Generationen verändert hat: Wo unsere Eltern noch Jahre für einen schicken Wagen gespart und auf andere Dinge verzichtet haben, leben wir heute in einer Welt, in der alles was benötigt wird, gemietet und ohne große Bindung zurückgegeben werden kann. Unendlich viele Portale im Internet machen es möglich. Ob Auto, Bücher, Abendgarderobe oder sogar Kinderspielzeug. Das Collective spiegelt dies wider: Alles was benötigt wird, steht bereit solange man es nutzen möchte, ohne sich an lange Mietverträge zu binden und Umzugsaufwand zu betreiben. On top kommt eine bunte Mischung an Menschen aus der ganzen Welt, alles an einem Ort gebündelt. Zudem ist es speziell in hochpreisigen Städten wie London eine bezahlbare Alternative, in der man seine eigenen vier Wände hat und doch nie alleine ist.

Auch in Deutschland wird das Konzept ankommen.

Neben London wird es bald weitere spannende Co-Working/Co-Living Spaces von “The Collective” geben. Auch geplant in Deutschland. Aus meiner Sicht die Chance für Unternehmen weg von den Firmenapartments zu kommen und Mitarbeiter bspw. bei temporären Einsätzen eine spannende Alternative zu bieten. Bei den vielfältigen (beruflichen) Hintergründen der Bewohner kann ich mir für Unternehmen zudem gut vorstellen, sich auf dem ein oder anderen Networking Event in einem Collective einzubringen, zu positionieren oder gemeinsam Projekte zu bearbeiten. Nicht wenige der Bewohner hier gehören der Start Up Branche an und können interessanten Input und Denkanstöße liefern.

3 Comments

  1. Nora 26. August 2016 at 18:29

    Gutes Konzept! Vor allem bei längerfristigen Aufenthalten im Ausland sehe ich das als super Alternative zu überteuerten Hotels. Viele meiner indischen Kollegen sind für 2 Jahre in Deutschland, gehören zum Team und sind dann doch „weit weg“ durch ihre teilweise sehr weit entfernten Mitarbeiterappartments… ein solches Konzept könnte hier Abhilfe schaffen!

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  2. Uta 18. November 2016 at 12:56

    An diesem Konzept sieht man, dass Arbeit und Privatleben fließend in einander übergehen können. Es ist auch spannend die Fotos anzusehen, um sich wirklich ein „Bild“ vom Collective machen zu können. Für mich hört es sich allerdings so an, dass man auch ein bestimmter Typ Mensch sein sollte, um für so ein Konzept offen zu sein. Bemerkenswert auch, dass Familien dort wohnen (und arbeiten?). Wäre ja praktisch für alleinerziehende Elternteile. Wenn jemand arbeitet, dann kann sich jemand von den „Alleinerziehenden“ um die Kinder kümmern, was die Betreuung bei flexiblen Arbeitsfenstern erleichtern würde. Oder auch eine andere Person, der sich in die Gemeinschaft einbringen möchte.Der Name „The Collective“ ist anscheinend Programm. Es würde mich interessieren, wie es sich in so einer Atmosphäre arbeitet. Sind nur die Wohnungen Rückzugsmöglichkeiten? Oder gibt es auch andere Orte, wo man nicht „in Gemeinschaft“ ist?

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    1. Nadja Mütterlein 19. November 2016 at 17:35

      Sicherlich ist diese Art des Zusammenlebens besonders und nicht jedermanns Sache. Aber das muss es ja auch nicht dauerhaft, sondern kann durchaus nur eine lebensphasenorientierte interessante Möglichkeit sein. Zudem ein guter Punkt: wir haben sicherlich großen Nachholbedarf, vor allem in Deutschland, was geeignete Konzepte angeht, die berufstätige Mütter unterstützen. Im Collective selbst habe ich einige Familien gesehen, ich kann aber nicht genau sagen, ob diese auch dauerhaft dort gewohnt haben. Ein Betreuungskonzept mit einfließen zu lassen, wäre sicherlich ein interessantes Vorhaben!

      Rückzugsmöglichkeiten gibt es neben den Wohnungen nur außerhalb des Collective, da man in den Gemeinschaftsräumen in aller Regel jemanden antrifft. Aber da diese Räume und auch die Dachterrasse sehr weitläufig sind, kann man sich gut etwas abschotten. Ich persönlich habe die Auswahl der verschienden Räume sehr zu schätzen gewusst und mein Arbeitsumfeld teilweise ein paar Mal am Tag gewechselt. Und außerhalb des Collective gibt es wunderbare Möglichkeiten sich entlang des Kanals einmal eine Auszeit zu nehmen.

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